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Wie aus Glas- und Steinwolle ein kostbarer Rohstoff wird

April 25, 2004 by  

Die Professur für Abfall- und Ressourcenmanagement an der Justus-Liebig-Universität Gießen wird morgen in Berlin gemeinsam mit der Firma Wool.rec GmbH, Braunfels, als “Deutscher Gründerchampion 2004” für das Land Hessen ausgezeichnet und belegte mit einem neuen umweltverträglichen Verwertungsverfahren von Glas- und Steinwolle beim TTN-Kooperationspreis den dritten Platz – Einladung zum Pressegespräch am Montag, den 26. April 2004, um 15:00 Uhr im IFZ für Umweltsicherung der Universität Gießen (Heinrich-Buff-Ring 26, Raum B 218).

Für ein neues umweltverträgliches Verwertungsverfahren von Glas- und Steinwolle wurden sie mit dem dritten Platz beim ersten TTN-Kooperationspreis ausgezeichnet: Auf der Hannover-Messe nahmen Edwin Fritsch vom mittelhessischen Unternehmen Wool.rec GmbH in Braunfels und Prof. Dr. Stefan Gäth, Professur für Abfall- und Ressourcenmanagement an der Universität Gießen, den Preis von Wissenschaftsminister Udo Corts entgegen. Am Samstag werden sie in Berlin im Rahmen der Deutschen Gründer- und UnternehmerTage (deGUT) für das gemeinsam entwickelte Produkt Woolit® als “Deutscher Gründerchampion 2004” für das Land Hessen geehrt. Wir laden Sie herzlich ein zu einem Pressegespräch mit den Preisträgern am Montag, den 26. April 2004, um 15:00 Uhr im IFZ für Umweltsicherung der Universität Gießen, Heinrich-Buff-Ring 26, Raum B218.

Diese Zusammenarbeiten, so der Hessische Wissenschaftsminister in Hannover bei der Preisverleihung, bewiesen eindrucksvoll, dass Hessens Hochschulen keine Elfenbeintürme seien. Gerade auch kleine Unternehmen würden so ermutigt, mit den Hochschulen zu kooperieren. Mit dem Projekt überzeugte das Kooperationsteam nicht nur das TechnologieTransferNetzwerk (TTN-Hessen). Am Wochenende nehmen die beiden in Berlin den bundesweit ausgeschriebenen “Deutschen Gründerchampion 2004” entgegen.

Bei dem unter der Schirmherrschaft des Hessischen Wirtschafts- und des Wissenschaftsministeriums vom TTN-Hessen ausgerichteten Kooperationswettbewerb haben Prof. Dr. Stefan Gäth, Justus-Liebig-Universität Gießen, und das mittelhessische Unternehmen Wool.rec GmbH in Braunfels den dritten Platz erreicht, da es den beiden gelungen ist, so die Juroren, mit ihrem gemeinsam entwickelten Produkt Woolit® einen umweltfreundlichen Verwertungsweg für die so genannten Problemabfälle Glas- und Steinwolle zu schaffen.

Glas- und Steinwolle als Wärmedämmungen sind jedem Heimwerker ein Begriff: Die wärmeisolierenden Mineralfasern werden seit über 30 Jahren als Dämmmaterial nicht nur beim Hausbau sondern auch im großen Maßstab in der Industrie eingesetzt. Das Material hat allerdings einen gravierenden Nachteil: Mineralwolle gilt bei der Entsorgung als Sondermüll, da die Fasern und ihre kleinen Bruchstücke u.a. zu Reizungen führen können. Als “besonders überwachungsbedürftig” stuft die Abfallverzeichnisverordnung (AVV) das Dämmmaterial daher ein. Es muss besonders verpackt und gelagert werden und darf nur auf speziellen Deponien entsorgt werden.

Allein in Deutschland fallen jährlich etwa 200.000 bis 300.000 Tonnen Glas- und Steinwolle an, die zur Zeit noch auf Deponien mehr oder weniger umweltgerecht abgelagert werden. Die deutsche Abfallgesetzgebung schreibt vor, Abfälle zu verwerten, sofern dies technisch machbar, wirtschaftlich zumutbar und ungefährlich ist. Doch für diese gefährlichen Abfälle gab es bis jetzt noch kein Verwertungsverfahren. Das Problem war, die so genannten “lungengängigen Fasern” zu binden. Diese Feinstfasern sind etwa fünf Mikrometer lang und können mit der Atemluft in die Lunge gelangen und zu Reizungen führen. In einem ersten Aufbereitungsschritt sollten sie nun gebunden werden, so dass sie nicht mit der Atemluft in die Lunge gelangen können. Im gebundenen Zustand sollten sie dann schadlos weiter verwendet werden.

Edwin Fritsch von der Wool.rec GmbH in Braunfels machte zunächst verschiedene eigene Versuche, bis er fachkundigen Rat bei der IHK-Dillenburg suchte. Auf ihre Vermittlung hin gelangte der Unternehmer zu Stefan Gäth, Professor für Abfall- und Ressourcenmanagement der Justus-Liebig-Universität Gießen. Zusammen entwickelten die Partner ein ebenso geniales wie einfaches Verfahren: Bei dem Produktionsverfahren werden die Abfälle zunächst zerkleinert, von Metallen und anderen Fremdstoffen befreit. Anschließend werden die Mineralfasern mit Tonmineralen und natürlichen Bindemitteln gemischt, gepresst und für die weitere Verarbeitung konfektioniert, so dass die gefährlichen Fasern nicht frei werden.

Das mittlerweile patentrechtlich geschützte Produkt Woolit® eignet sich als Zusatzstoff bei der Herstellung von Ziegeln. Bei der Ziegelbrennung schmelzen die Fasern und sorgen für poröse – also wärmedämmende – Strukturen. Gegenüber herkömmlichen so genannten Porosierungsmitteln ist Woolit® nicht nur preisgünstiger, es schont auch die natürlichen Ressourcen.

Von der Professur für Abfall- und Ressourcenmanagement und einem Kollegen von der Bergakademie in Freiberg wurde das Verfahren auf das Freisetzungsverhalten von Mineralfasern und die bautechnischen Eigenschaften nach dem Brennvorgang bei der Ziegelherstellung in mehrmonatigen Versuchen unter Labor- und Praxisbedingungen geprüft. Zum Beispiel zeigen Rasterelektronische Mikroskopuntersuchungen die Umweltverträglichkeit des Verwertungsverfahrens. Das Regierungspräsidium in Wetzlar hat die Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt. Die Behörden, darunter auch das Hessische Umweltministerium, standen dem Verfahren außerordentlich positiv gegenüber und unterstützten das Vorhaben nachhaltig, so Edwin Fritsch und Prof. Gäth übereinstimmend. Nach einer Testphase ist der Regelbetrieb von den Behörden bereits seit Juli 2003 genehmigt.

Für die Anlage hat Edwin Fritsch 2,8 Millionen Euro investiert – nicht eben eine Kleinigkeit für einen Existenzgründer. Immerhin hat die abfallwirtschaftliche Brisanz und der hohe Umweltnutzen den Kooperationspartnern eine Förderung des Umweltbundesamtes in Höhe von 190.000 Euro eingebracht. Mittlerweile arbeiten im Unternehmen schon acht Mitarbeiter. Die Marktchancen sind als sehr gut einzustufen, denn ab dem 31. Mai 2005 werden zahlreiche Deponien schließen müssen, da ab diesem Zeitpunkt kein Hausmüll mehr unbehandelt abgelagert werden darf. Damit ist auch die Beseitigungskapazität für künstliche Mineralfaserabfälle eingeschränkt.

Von den 17.000 Tonnen Abfall, die Wool.rec im Jahr verarbeiten kann, bezieht die Firma 90 % aus den benachbarten Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Sogar aus dem Ausland wird Mineralfaserabfall zur Verwertung angeliefert. Einen großen Markt sieht Fritsch in den neuen Bundesländern, wo es auch jetzt noch einen riesigen Sanierungsbedarf gebe. Logisch, dass die nächste Anlage im Osten geplant ist: Im nächsten Jahr soll eine Anlage in Gotha in Betrieb gehen.

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