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Wasser und Boden weltweit mit Schadstoffen angereichert

March 19, 2003 by  

Einen Tag vor dem “Tag des Wassers”, der am 22. März begangen und im Rahmen des Internationalen Jahrs des Süßwassers vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) organisiert wird, findet am 20./21 März in Tübingen ein Internationaler Workshop zum Thema Europäischer Boden- und Wasserschutz statt. Der Workshop wird von Prof. Dr. Peter Grathwohl, Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen veranstaltet. Über 70 Experten aus Europa und Übersee werden zum 2nd International Workshop on Groundwater Risk Assessment at Contaminated Sites (GRACOS) and Integrated Soil and Water Protection (SOWA) erwartet

Der erste Themenschwerpunkt befasst sich mit der Problematik kontaminierter Standorte in Europa. Kontaminationen entstehen typischerweise durch Leckagen in Benzin- und Dieseltanks von Tankstellen. Bei den meisten kontaminierten Standorten stellt sich die Frage, ob die Gefahr einer Verlagerung von Schadstoffen bis ins Grundwasser besteht. Im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang von “Grundwassergefahrenbeurteilung” oder “groundwater risk assessment”.
Die Beantwortung dieser Frage ist die wichtigste Voraussetzung für eine Entscheidung, ob überhaupt die Notwendigkeit einer Sanierung der kontaminierten Standorte besteht und wenn ja, wie die Zielvorgaben aussehen müssen. Denn eine Sanierung von allein ca. 250.000 kontaminierten Standorten in Deutschland ist ökonomisch gesehen – besonders in Zeiten knapper Kassen – nicht durchführbar.
Zu diesem Themenbereich wurde während der letzten drei Jahre das von der EU finanzierte Projekt GRACOS durchgeführt. Im Gegensatz zu den meisten existierenden Verfahren zielen die in GRACOS entwickelten Verfahren und Methoden zur Grundwassergefahrenbeurteilung auf die Bestimmung der mobilen, wasserlöslichen Schadstoff-Fraktion in kontaminierten Böden und Abfall-Materialien; denn nur dieser mobile Anteil kann tatsächlich ins Grundwasser gelangen.

Der zweite Themenschwerpunkt befasst sich mit der Problematik diffuser, weitverteilter Schadstoffeinträge in Böden und Gewässer. Die hier betrachteten organischen Schadstoffe werden in die Atmosphäre ausgestoßen, verdriftet und an anderer Stelle wieder mit dem Regen oder direkt aus der Luft in den Boden eingetragen. Dies gilt z.B. für die Gruppe der Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffe, die giftig, teilweise Krebs auslösend und persistent sind und besonders bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe erzeugt werden. Große Relevanz haben auch Flammschutzmittel, die sich in vielen Gegenständen des täglichen Lebens wie z.B. in Möbeln und Dämmmaterialien befinden und aus diesen in die Atmosphäre ausgasen. Zum Teil werden diese Schadstoffe bis in die Polarregion verdriftet und reichern sich dort auch im Fettgewebe von Seehunden und Eisbären an. Ein direkter Eintrag von Schadstoffen in den Boden findet hingegen durch landwirtschaftliche Aktivitäten wie z.B. der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln statt.

Betrachtet man den gesamten Wasserkreislauf unter dem Gesichtspunkt der diffusen Schadstoffeinträge, so wird deutlich, dass Böden darin eine Schlüsselfunktion einnehmen, da sie einerseits aufgrund ihrer Filterfunktion Schadstoffe zurückhalten können und das versickernde Wasser, welches früher oder später zur Grundwasserneubildung beiträgt, vor Verunreinigungen schützen. Andererseits können Böden aber, wenn ihre Filterkapazität überschritten wird, auch Schadstoffe freisetzen, die dann ins Grundwasser gelangen können.
Das Bewusstsein für die Problematik der diffusen Schadstoffeinträge steigt seit 10 Jahren kontinuierlich an und die Relevanz und Brisanz des Themas nimmt nicht zuletzt aufgrund immer neu hinzukommender Schadstoffe ständig weiter zu. Vor diesem Hintergrund wurde das EU-Projekt SOWA ins Leben gerufen, in dem 10 Partnerorganisationen thematische Workshops veranstalten, um dringlichste Fragen und Strategien für einen integrierten Boden- und Wasserschutz in Europa zu diskutieren. Die Ergebnisse werden Nutzergruppen wie Behörden und Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nähere Informationen:

Dr. Dietrich Halm
Institut für Geowissenschaften
Sigwartstr. 10
72074 Tübingen
Tel.: (07071) 29-77453
dietrich.halm@uni-tuebingen.de
http://www.uni-tuebingen.de/gracos

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