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Voscherau jetzt Europas Chemiepräsident

June 17, 2002 by  

Paris/Ludwigshafen. Eggert Voscherau, Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor der BASF, ist um eine gewichtige Funktion “reicher”. Gestern wählte die Mitgliederversammlung des Europäischen Chemieverbandes Cefic den 59-Jährigen zu ihrem neuen Präsidenten. Zwei Jahre lang hat der BASF-Spitzenmanager jetzt Zeit, wesentlichen Einfluss auf die Chemiepolitik in Europa zu nehmen. “Ich werde wohl 15 bis 20 Prozent meiner Arbeitszeit für dieses Amt aufbringen müssen,” sagte Voscherau im Gespräch mit Journalisten.

Voscherau war bislang Cefic-Vizepräsident, an der Spitze der Organisation löst er den Franzosen Jean-Pierre Tirouflet (Rhodia) ab. Der Europäische Chemieverband vertritt rund 40 000 große und kleine Chemieunternehmen in Europa, die mit zwei Millionen Beschäftigten rund 30 Prozent der Welt-Chemieproduktion repräsentieren. Die Mitgliederversammlung, die Voscherau gestern wählte, setzt sich aus Vertretern von 22 nationalen Verbänden sowie von 34 großen und 20 kleinen Firmen zusammen.

Voscherau ist davon überzeugt, dass seine Amtsperiode eine der wichtigsten in der Nachkriegsgeschichte Europas ist. Die chemische Industrie auf dem alten Kontinent steht vor zahlreichen Herausforderungen und Umbrüchen, die der neue Präsident mit Elan anpacken will. Geradezu als eine Gefahr betrachtet der BASF-Manager die Chemikalienpolitik der EU, die spätestens ab dem Jahr 2004 gelten soll. Brüssel will, so steht es in einem Weißbuch, die Chemikalienpolitik neu ordnen und gestalten. Ein Horrorgemälde ist es für die Branche, dass künftig 30 000 Substanzen getestet und registriert werden sollen.

Voscherau will sich darum bemühen, dass es zu realistischen und praxisnahen Lösungen kommt. Er hält es nicht für sinnvoll, dass beispielsweise künftig chemische Zwischenprodukte geprüft werden. Viel vernünftiger sei es, so argumentiert er im Gespräch, Endprodukte zu testen, bei denen das Risiko für den Verbraucher der entscheidende Maßstab sein soll. Die jetzigen Brüsseler Überlegungen führen nach Meinung Voscheraus zu gewaltigen Kosten, allein die BASF müsse bei einer Realisierung der EU-Pläne mit 0,5 Mrd. Euro rechnen.

Voscherau ist sich darüber im Klaren, dass es nicht immer leicht ist, die chemische Industrie Europas auf einen Nenner zu bringen. Dass die Branche auf dem alten Kontinent aber mehr und mehr mit einer Stimme spricht, hält er geradezu für überlebensnotwendig. Die amerikanische Chemie sei in sich geschlossen, habe klare Vorstellungen und bringe diese entsprechend zum Ausdruck. Europa könne es sich nicht leisten, gespalten zu sein. “Wir laufen Gefahr, gegenüber den Amerikanern an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren,” mahnt Voscherau.

Der letzte deutsche Cefic-Präsident war Jürgen Dormann, in seiner Amtsperiode fungierte er als Vorstandsvorsitzender der Hoechst AG. Voscherau ist nicht Chef eines großen Chemiekonzerns, dennoch geht er davon aus, dass er die Rolle eines starken Cefic-Präsidenten spielen kann. “Da kann mir auch helfen, dass mein Bruder Henning politisch tätig war und sein Name in Europa nicht unbekannt ist,” meint er lächelnd.

Naturgemäß musste da die Journalistenfrage kommen, ob Eggert Voscherau nicht doch noch BASF-Vorstandsvorsitzender werden kann, wenn Dr. Jürgen Strube nach der nächsten Hauptversammlung im Jahre 2003 den Chefsessel verlässt. Viele in der BASF, sei es in der Führungsmannschaft, im Betriebsrat oder bei den Anilinern selbst, würden Voscherau gerne an der Spitze der BASF sehen. Das Vorstandsmitglied lächelnd: “Man muss nicht alles werden wollen. Mit dem was ich habe, bin ich zufrieden.” Er verweist darauf, dass er am 11. Mai des Jahres 2003 seinen 60. Geburtstag feiert. Allein hieraus müsse man “realistische Schlüsse” ziehen. Im Übrigen sei die Strube-Nachfolge weder entschieden noch ausdiskutiert. Aus diesen Äußerungen lässt sich schließen: Eggert Voscherau wird nicht neuer Vorstandsvorsitzender der BASF.

Quelle. Mannheimer Morgen

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