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Ohne N kein LebeN – oder wie das Ammoniak in die Ursuppe kam

March 27, 2003 by  

Chemiker der Universität Jena mit “Ursuppenexperiment” in der Zeitschrift “Angewandte Chemie”

Jena (26.03.03) Wie entstand erstes primitives Leben auf der Erde? Was war drin in der Ursuppe? Wie entwickelten sich aus einfachen anorganischen Stoffen schließlich komplizierte organische Moleküle, wie Eiweiße oder gar die DNS, die unsere Erbinformation enthält? Diesen Fragen sind auch Chemiker der Friedrich-Schiller-Universität in Jena auf der Spur. Sie konnten unlängst das Geheimnis lüften, wie das Ammoniak in die Ursuppe kam. Das stechend riechende Gas mit der Formel NH3 gilt als Stickstofflieferant. Stickstoff (N) ist ein wichtiges Bau-“Element” der Aminosäuren. Die wiederum dienen als Grundbausteine für Eiweiße und Enzyme. Die verblüffenden Ergebnisse der Jenaer Wissenschaftler werden erstmals im Journal “Angewandte Chemie” veröffentlicht, das am 4. April erscheint. Ab 31. März ist die Online-Version des Artikels auf den Internet-Seiten der renommierten Fachzeitschrift zu finden.


“Über die Entstehung des prähistorischen Ammoniaks existierten bisher nur vage Theorien, die Vulkanausbrüche oder die Bildung im interstellaren Raum voraussetzten”, sagt Prof. Dr. Wolfgang Weigand. Der Professor für Anorganische Chemie an der Universität Jena propagiert ein weniger spektakuläres Szenario. Die so genannten Knöllchenbakterien liefern den Ansatzpunkt. Sie stellen mit Hilfe von Enzymen, Nitrogenasen genannt, aus Luftstickstoff das Ammoniak her. “Der genaue Reaktionsablauf in den Nitrogenasen ist bis heute unbekannt”, sagt Weigand, “aber in den Reaktionszentren der Enzyme befindet sich Eisensulfid, und das gab und gibt es seit Urzeiten auf der Erde.” Weigand stellte daher die These auf, dass der Luftstickstoff in einer parallelen Reaktion mit Eisensulfid und Schwefelwasserstoff in der wässrigen Ursuppenlösung zu dem begehrten Ammoniak reagiert haben könnte.

Um das zu beweisen, benötigte er eine Apparatur, mit der die Ursuppenbedingungen perfekt nachgestellt werden konnten. Die entwickelte sein Jenaer Kollege Prof. Dr. Günter Kreisel, der am Institut für Technische Chemie und Umweltchemie arbeitet. “Das Experiment stellte hohe Reinheitsanforderungen an die Gase und Komponenten. Ihre Zufuhr musste zudem elektronisch gesteuert werden, um die Reproduktivität des Experiments zu gewährleisten”, verdeutlicht Kreisel die Problematik. Die Mühe der Jenaer Chemiker wurde jedoch belohnt. Bei einer Reaktionstemperatur von 80 Grad Celsius und unter normalen Druckverhältnissen im wässrigen Milieu wiesen sie Spuren vom Ammoniak nach. “Diese geringen Ausbeuten reichen jedoch als erste Bausteine des Lebens völlig aus”, sagt Weigand. Trotzdem bargen die geringen Ausbeuten ein Unsicherheitsmoment. Denn wer konnte beweisen, dass das Ammoniak auch tatsächlich aus dem Stickstoff entstanden war, der in die Apparatur eingespeist wurde. Weigand und Kreisel kamen den Skeptikern zuvor, indem sie das, in der Natur selten vorkommende, schwerere Isotop des Stickstoffs (15N) einsetzten. Mit Hilfe der Kollegen des Jenaer Max-Planck-Institutes für Biogeochemie und ihrer hochpräzisen Massenspektrometer gelang es zu beweisen, dass die Ammoniakspuren tatsächlich aus dem zugeführten Stickstoff entstanden waren. Drei Jahre haben die Arbeitsgruppen im Rahmen des Sonderforschungsbereiches “Metallvermittelte Reaktionen nach dem Vorbild der Natur” zusammengearbeitet. Nachdem sie auch diesen letzten Zweifel ausräumen konnten, war schließlich der Weg frei für die Publikation in der Fachzeitschrift.

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