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Mafia schmuggelt Drogen-Chemikalien ein

June 1, 2002 by  

Bericht von Welt online www.welt.de:
Von Peter SchererFrankfurt/Main – Die internationalen Drogenkartelle haben mit dem Aufbau eigener Handelsorganisationen und Scheinfirmen zum Einkauf von Chemikalien für die Rauschgiftproduktion begonnen.

Amerikanische Drogenfahnder schätzen, dass damit etwa die gleichen Milliardenumsätze erzielt werden können wie mit dem illegalen Rauschgifthandel selbst. Als dominierende Kraft im illegalen Chemiegeschäft vermuten die Sicherheitsbehörden die “gelbe Mafia”. Laut Bundesnachrichtendienst (BND) operieren derzeit in China und Taiwan mehrere Hundert “Triaden” mit bis zu 40.000 Mitgliedern pro Bande. Und die Spuren weisen immer wieder auch nach Deutschland. Am Frankfurter Flughafen wurden unlängst 452 Kilogramm Chemikalien aus China sichergestellt, die falsch deklariert waren. Statt des für eine Hamburger Firma angemeldete Azetons enthielten die acht Fässer Piperonylmethylketon (PMK), ein Stoff, der zur Herstellung synthetischer Drogen benötigt wird und deshalb wie 22 andere dem Grundstoffüberwachungsgesetz unterliegt. Die Ermittlungen führten das Zollfahndungsamt Hamburg auf die Spur des Hamburger Geschäftsmanns Alexander Jerome B. und auf die des Allgemeinmediziners Dr. Hans K. Nach den sichergestellten Firmenunterlagen steht das Duo, das sich demnächst vor der Großen Strafkammer 29 des Hamburger Landgerichts verantworten muss, im Verdacht, in sechs Fällen insgesamt 2,3 Tonnen des potenziellen Ecstasy-Grundstoffes eingeschmuggelt zu haben. Damit lassen sich – rechnete der Zoll vor – 30 Millionen Ecstasy-Tabletten mit einem Straßenverkaufswert von etwa 300 Millionen Euro herstellen.Die Fahnder vermuten, dass die begehrte Substanz unter Einschaltung eines Aachener Zwischenhändlers aus dem Rotlichtmilieu, der sich inzwischen in Haft befindet, für ein illegales Ecstasy-Labor in den Niederlanden bestimmt war. Während das Interesse der Öffentlichkeit hauptsächlich auf die großen Fälle der Drogensicherstellung und der Zerschlagung von Dealerringen gerichtet ist, findet der Kampf an der zweiten, nicht minder wichtigen Front der Drogenkriminalität bislang nur wenig Aufmerksamkeit. Dabei ist der Einfuhrschmuggel von illegal in China hergestelltem Piperonylmethylketon (PMK) und Benzylmethylketon (BMK) in die Europäische Union inzwischen “Besorgnis erregend angestiegen”, formuliert das Zollkriminalamt (ZKA). Die Schätzungen bewegen sich um 700 Tonnen dieser Vorläufersubstanzen jährlich.Chemikalien, die für die illegale Herstellung von Drogen missbraucht werden können, werden in der EU seit 1990 gesetzlich überwacht. Zurzeit unterliegen 23 solcher Grundstoffe der besonderen staatlichen Kontrolle. Und die war im vorigen Jahr besonders erfolgreich. Bei den vom International Narcotic Control Board der Vereinten Nationen organisierten Operationen “Purple” und “Topaz” konnten in den 50 Teilnehmerländern 65 Tonnen Essigsäureanhydrid sichergestellt werden. Daraus hätten 26 Tonnen Heroin hergestellt werden können. Außerdem gelang es den Behörden, den illegalen Export von 700 Tonnen Kaliumpermanganat aus China zu stoppen. Mit dieser Menge wäre die weltweite Kokainproduktion zwei Jahre lang gesichert gewesen.Nach Darstellung des Zollkriminalamtes hatten die chinesischen Drahtzieher in ihrem Heimatland versucht, mit gefälschten Kaufverträgen Ausfuhrgenehmigungen zu erschleichen. Dabei seien die Namen renommierter deutscher Firmen missbraucht und Unterschriften ihrer Geschäftsführer gefälscht worden. Rund 70 Prozent des gesamten Chemikalienwelthandels werden über deutsche Unternehmen abgewickelt und davon wiederum 70 Prozent über die 750 in Hamburg ansässigen Unternehmen und Zweigstellen der Chemie- und Pharmabranche, sagt Kai Bergmann vom Hamburger Zollfahndungsamt. “Beraten und betreut” würden die Unternehmen sowohl von seiner Behörde als auch vom Landeskriminalamt.

(c) Die WELT online
http://www.welt.de

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