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Hermann Emil Fischer [Geschichte Teil 5]

July 14, 2002 by  

Emil Fischer, Nobelpreisträger für Chemie im Jahre 1902, wird allgemein als einer der größten Chemiker des ausgehenden 19. Jahrhunderts angesehen. Kaum ein andere trug in dieser Zeit mehr zur Aufklärung der Struktur von elementaren Verbindungen in lebenden Zellen bei. Seine klassischen Arbeiten zur Ermittlung der Konstitution und Konfiguration der wichtigsten Zucker, über die Enzyme, die Proteine und die Purinkörper stellten einen entscheidenden Durchbruch in unserer Kenntnis der Zellbestandteile dar, die schließlich den Weg für die entscheidenden Fortschritte der Biochemie öffneten. Der Allgemeinheit wohl besser bekannt ist Fischer jedoch durch seine Synthetisierung von Diäthylbarbitursäure. Nachdem er deren schlaferzeugende Wirkung zusammen mit dem Physiologen Joseph Frh. von Mering (1849-1908) erstmals 1902 in Jena bei Patienten erfolgreich getestet hatte, kam es 1903 als Schlafmittel unter der von Fischer und von Mering gegebenen Bezeichnung “Veronal” durch die Firmen Merck (Darmstadt) und Bayer (Leverkusen) in den Handel, und hat seither unzählige Menschen in den Schlaf gebracht.


Emil Fischer, Sohn eines Kaufmannes und Fabrikanten, studierte in Bonn und Straßburg Chemie, promovierte 1874 in Straßburg, arbeitete anschließend als Assistent an der Universität München, wo er sich 1878 habilitierte und ein Jahr später Professor wurde. 1882 erhielt Fischer in Erlangen das Ordinariat für Chemie, ging aber schon 1885 nach Würzburg und dann 1892 nach Berlin, wo er einem Ruf an das I. Chemische Institut der Königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität (kurz Berliner Universität; heute Humboldt-Universität zu Berlin) folgte und hier sein Lebenswerk schuf.

Wie eingangs erwähnt, entwickelte Emil Fischer eine Fülle von Verfahren zur Strukturaufklärung und Synthese von Naturstoffen, vor allem von Zucker. Dabei entdeckte es das Phenylhydrazin als Medium – ein hochtoxisches Blutgift, das im Organismus als Metabolit des Anilins entsteht -, mit dessen Hilfe er die verschiedenen Zuckerarten voneinander trennen konnte. Dieses Reduktionsmittel ist aber auch Ursache chronischer Ekzeme und schwerer Magen- und Darmstörungen. Durch seine Untersuchung der Purinkörper ermöglichte Fischer neben der Synthese des Coffeins die Grundlagen zum Verständnis des Nucleus (des Zellkerns), in dem fast das gesamte genetische Material eines Lebewesens enthalten ist.

In seiner Berliner Zeit konzentrierte sich Emil Fischer auf die Erforschung der Eiweiße, deren Zusammensetzung er als Alpha-Aminosäuren nachwies. Grundlegend waren auch seine Arbeiten auf dem Gebiet der Gerbstoffe. Ferner tragen die “Fischer-Zuckerprobe” (Glucose-Nachweis im Harn durch Phenylglucosazonbildung) und die “Fischer-Projektionsformel” (zeichnerisch, nicht wirklichkeitsgetreue Darstellung organischer Moleküle durch Projektion) seinen Namen. Des Weiteren entwickelte Fischer 1902 (mit dem Chemiker Carl Dietrich Harries [1866-1923]) die Vakuumdestillation, womit erstmals Flüssigkeiten ohne Erhitzung verdampft werden konnten.

Nach Emil Fischers Plänen wurde das Chemische Institut in der Hessischen Straße in Berlin erbaut und 1900 eröffnet. Dort bildete er eine bedeutende Schule von organischen Chemikern heran; vier seiner Schüler erhielten wie er den Nobelpreis: Otto Diels (1876-1954; 1950 Nobelpreis), Hans Fischer (1881-1945; 1930 Nobelpreis), Otto H. Warburg (1883-1970; 1931 Nobelpreis) und Adolf Windaus (1876-1959; 1928 Nobelpreis). In Berlin war Fischer 1911 auch maßgeblich an der Gründung und dem Aufbau der Kaiser-Wilhelm-Institute als neue Organisationsform der wissenschaftlichen Forschung beteiligt, was auch seiner extrem liberalen und internationalen Einstellung entsprach. Bei seinen Arbeiten mit Phenylhydrazin hatte er sich jedoch Vergiftungen zugezogen, die schließlich zum Darmkrebs und zu seinem Freitod führten. Zuvor übertrug er der Berliner Akademie der Wissenschaften zur Nachwuchsförderung sein Vermögen von 750.000 Mark. Seine letzte Ruhestätte erhielt Fischer auf dem Friedhof Wannsee in Berlin-Zehlendorf.

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