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Erfolgreiche Rasterfahndung nach krankmachenden Proteinen

June 27, 2003 by  

Mediziner können sich freuen: Die Fahndung nach Proteinen, die bei Erbkrankheiten des Menschen eine Rolle spielen, gleicht nicht länger der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Sie erhält vielmehr gezielte Unterstützung durch eine breit angelegte Datenbankrecherche: Forscher des Max-Planck-Instituts für Züchtungsforschung (MPIZ) in Köln haben per Computer Gene beziehungsweise die dazugehörigen Proteine identifiziert, die wahrscheinlich eine Rolle bei Erbkrankheiten wie der Mukoviszidose spielen. In der Juli-Ausgabe des internationalen Fachmagazins “Trends in Genetics” beschreiben die Biologen Dario Leister und Erik Richly vom MPIZ, sowie der britische Mediziner Patrick F. Chinnery von der Medical School in Newcastle upon Tyne die Methode, mit der sie “verdächtige” Gene aus der Masse des menschlichen Erbguts gefischt haben. Das Ergebnis sind 100 Proteine, die in den “Kraftwerken der Zellen” – den Mitochondrien – sowohl beim Menschen als auch bei Pilzen, Pflanzen und Insekten vorkommen.


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Bisher konzentrierten sich die Kölner Forscher vor allem auf Chloroplasten, die Solarzellen der Pflanzen. Für die Modellpflanze Arabidopsis etwa stellten sie fest, welche Gene Produkte, also Proteine bilden, die in die Chloroplasten wandern. Dieser “Spürsinn” rief den Mediziner Chinnery auf den Plan. Zu seinem Arbeitsgebiet gehört es, den Zusammenhang zwischen menschlichen Erbkrankheiten und Mitochondrien zu klären. Weltweit suchen Wissenschaftler mit den unterschiedlichsten Methoden nach den Mitochondrien-Proteinen, weil sie bei vielen Krankheiten eine Schlüsselrolle inne haben. Doch keine dieser Methoden hat bisher die Frage vollständig beantworten können, welche Proteine in den Zellkraftwerken arbeiten und wie sich diese bei ganz unterschiedlichen Lebewesen unterscheiden.

Gemeinsam mit dem Briten durchsuchten die Kölner Pflanzenforscher artübergreifend das Erbgut nach solchen Genen, deren Produkte in den Mitochondrien zu finden sind. Der Hintergedanke dabei: Gene und deren Produkte, die sich im Laufe der Evolution bewährt haben, kommen in ganz verschiedenen Lebewesen vor, finden sich also in den Mitochondrien von Mensch und Mücke, Fisch und Fliege, Pilz und Pflanze. Für die Suche nach solch “alten” Bestandteilen nutzten die Wissenschaftler den Computer, mit seiner Hilfe identifizierten sie bestimmte Proteinabschnitte. Diese so genannten mitochondrialen Transitpeptide weisen den Proteinen den Weg Richtung Mitochondrien.

Um die Zuverlässigkeit der Vorhersagen zu verbessern, kombinierten die Forscher drei verschiedene Computerprogramme miteinander. Damit nahmen sie das Erbgut von Mensch, Kugelfisch, Fruchtfliege, Anopheles-Mücke, Hefe-Pilzen, dem Fadenwurm Caenorhabditis und einem Malariaparasiten unter die Lupe. Die “in silicio”-Fahndung lieferte ein erstaunliches Ergebnis.

Ein Vergleich zeigte, dass ein Set von 100 mitochondrialen Proteinen des Menschen auch in allen anderen untersuchten Organismen vorkommt. 18 davon, und damit weit mehr als rein zufällig zu erwarten wären, sind bereits bekannt als Proteine, die mit Erbkrankheiten in Zusammenhang stehen. Das lässt den Schluss zu, dass auch Defekte der restlichen 82 Proteine mit hoher Wahrscheinlichkeit krank machen können. Gestützt wird diese Vermutung durch einen zweiten Befund: Gene für weitere 40 der 100 konservierten Proteine liegen zumindest in Regionen des Erbguts, die man bestimmten Erbkrankheiten zuordnet. Dazu gehören vor allem neurologische Störungen. Die Liste der konservierten Proteine ist daher ein wertvoller Befund, der helfen wird, die Ursachen vererbter Störungen zu finden

An dieser Stelle sind nun die Forscher in den Labors wieder an der Reihe. Sie können experimentell überprüfen, ob die identifizierten Gene tatsächlich eine Rolle bei Erbkrankheiten spielen und wie diese gegebenenfalls aussieht. Die bioinformatische “Rasterfahndung” muss also jetzt durch die experimentelle “Zielfahndung” im Labor abgelöst werden, betont Dario Leister, einer der beteiligten Max-Planck-Forscher. Das mühsame Gen-für-Gen-Screening des Erbguts könnte dann ein Ende gefunden haben.

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