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Dicke Luft im Klassenzimmer: Chemiekeulen in Duftprodukten machen Schüler krank

March 9, 2010 by  

Wer schön sein will muss leiden – diese Binsenweisheit bekommt durch eine Studie des Fachbereichs Umwelttechnik an der Fachhochschule Wiesbaden eine ganz neue Brisanz. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass in deutschen Schulen dicke Luft herrscht. Schuld daran ist ein wahrer Chemie Cocktail aus giftigen Dämpfen von Haarspray, Deospray und Nagellack.
In ihrer Untersuchung nahm das Fachhochschulteam unter der Leitung von Günter Stein Proben der Raumluft in 17 Rüsselsheimer Schulen. Die Analysen zu unterschiedlichen Unterrichtszeiten ergaben, dass bereits eine Stunde nach Unterrichtsbeginn hohe Werte für die chemischen Stoffe Alkan, Aldehyd und Siloxan ermittelt werden konnten. Dies sind Stoffe, so die Wissenschaftler, die in Haarlacken und Deosprays verwandt werden, um sie geschmeidig zu machen oder um ihnen ihren unverwechselbaren Duft zu verleihen. Das Umweltbundesamt warnte bereits mehrfach, dass eine hohe Konzentration von Duftstoffen in Innenräumen Allergien auslösen kann, reizend auf die Atemwege wirken und sich negativ auf die Konzentration und Wachsamkeit der Schüler auswirken kann. Diese Befürchtung teilt auch Günter Stein, der vermutet, dass die belastete Luft, die Schüler müde und matt werden lässt und so den geforderten Leistungen der Pennäler nicht gerade zuträglich ist.
Offenbar tragen Schülerinnen und Schüler durch exzessives Auftragen von Deospray, Haarspray und Nagellacke (wie von Firmen wie Yve Rocher, Rossmann & Co.)  durch die Verwendung Lösungsmittel enthaltender und anderen, selbst zu der schlechten Luft im Klassenzimmer bei. Gerade Nagellack ist eine wahre, Luft verpestende Chemiekeule: Neben dem charakteristischen Lösungsmittelgeruch von Nagellack, der aber schnell verfliegt, gibt es weitere Inhaltsstoffe, die die Luft belasten. Etwa wirken die Dämpfe des in vielen Nagellacken enthaltene Tuluol reizend auf die Augen und narkotisierend auf das Bewusstsein – keine gute Voraussetzung, wenn von Schülern heutzutage besonders gute Leistungen erwartet werden. Im Nagellack ebenso auffindbar sind Phthalate, die bereits wegen ihres Krebserregungsrisikos in die Schlagzeilen kamen. Aufklärung der Schüler darüber, was ein Übermaß an Beautyprodukten und Parfumstoffen bewirken kann, scheint ein erster Ansatz zur Lösung des Problems zu sein.
Auf Dauer krank machende Duftstoffe gelangen aber auch durch Putzmittel in die Klassenraumluft. Hier sind die Schulen selbst gefragt: statt auf bombastischen Duft und schädliche Weichmacher zu setzen, bedarf es Reinigungsmitteln, die die Luft minimal belasten. Ansonsten hilft wohl nur regelmäßiges Lüften.

In Amerika und Kanada hat man in einigen Schulen bereits eine radikale Lösung für das Problem gefunden: In einigen Schulen kann man in duftfreien Zonen, aus denen jegliches Parfum verbannt ist, mal wieder so richtig durchatmen. An anderen Schulen wird noch härter durchgegriffen. Die “scent-free-school”, also die duftfreie Schule hat starke, aufdringliche Düfte kurzerhand ganz vom Campus verboten und wirbt mit großen Verbotsschildern für saubere, geruchslose, statt stark duftende Luft. Bleibt zu hoffen, dass hier nur das Deospray, nicht aber der Deoroller gänzlich vernachlässigt wird, damit schädlicher Duft nicht durch übelriechende Körpergerüche ersetzt wird.

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