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Biologische Moleküle bei funktionalen Bewegungen beobachten

September 7, 2002 by  

Durch innere Bewegungen von Atomen und Molekülen werden Materialeigenschaften verändert oder chemische und biologische Funktionen gesteuert. Der gezielte Transfer von Molekülen durch Zellmembranen des Körpers ist ein Beispiel für dynamische molekulare Prozesse. Eine moderne Methode, um innere Strukturen und Bewegungen von Atomen und Molekülen zu erkennen, ist die “Quasielastische Neutronenstreuung”. Mit ihr gelingen unter anderem einzigartige Ergebnisse beim Nachweis der Bewegung von Wasserstoffatomen. Sie eignet sich dadurch im Besonderen zur Untersuchung biologischer Proben. Eine internationale Konferenz in Potsdam befasst sich mit der Methode.

Zum sechsten Mal treffen sich jetzt Wissenschaftler zum internationalen Austausch ihrer Erfahrungen mit der “Quasielastische Neutronenstreuung”. An der vom Berliner Hahn-Meitner-Institut organisierten Konferenz “QENS 2002 – Quasielastic Neutron Scattering” vom 4. bis 7. September in Potsdam beteiligen sich rund 80 Wissenschaftler aus Europa, Asien, Japan und den USA.


Die Quasielastische Neutronenstreuung nutzt Energie- und Impulsänderungen, die ein auftreffendes Neutron nach dem Stoß mit einem Atomkern erfährt. Beide Größen werden von einander unabhängig erfasst: während sich die Impuls- oder Winkeländerung durch den Standort des Detektors bestimmen lässt, wird die Energieänderung durch eine sehr empfindliche Messung der Änderung der Flugzeit der Neutronen nach dem Stoß ermittelt. Dabei ist die beim Stoß der Neutronen auf den Atomkern übertragene Energie relativ gering, und die auftreffenden Neutronen prallen immer noch vergleichsweise heftig (elastisch) ab; der Grund, weshalb der Streuprozess von Physikern “quasi-elastisch” genannt wird.

Mit der Methode können sowohl Festkörper oder Polymere erforscht werden, als auch Flüssigkeiten, amorphe Systeme (Gläser) und biologische Materialien. Ein Beispiel für die in der Biologie untersuchten Fragen ist der Wassertransport durch die Haut. Für diesen Vorgang von fundamentaler Bedeutung ist eine in der äußeren Hautschicht (Epidermis) vorkommende Zellmembran, das Stratum Corneum, verantwortlich. Die Membran wird aus Lipiden und Proteinen gebildet, die in unterschiedlicher Weise den Wassertransport regulieren. Forschungsergebnisse zur Struktur und den dynamischen Prozessen dieser komplexen organischen Moleküle haben auch eine große grundsätzliche Bedeutung für die Anwendung von Medikamenten.

Das Hahn-Meitner-Institut in Berlin unterhält für die Quasielastische Neutronenstreuung zwei Messplätze (Flugzeit-Spektrometer und Spin-Echo-Spektrometer), die allen interessierten Wissenschaftlern zur Verfügung stehen. Je nach Anforderung können dabei die zu untersuchenden Proben unter besondere Umgebungsbedingungen gebracht werden, beispielsweise hohe und tiefe Temperaturen oder hohen Druck. Die Messzeiten für Gastwissenschaftler vergibt ein unabhängiger Nutzerausschuss, der von BENSC, dem Berliner Zentrum für Neutronenstreuung am Hahn-Meitner-Institut, etabliert wurde.

Zur Erzeugung der Neutronen, mit denen die Proben bei der Quasielastischen Neutronenstreuung untersucht werden, nutzt man vorwiegend Forschungsreaktoren, also die Kernspaltung. Eine Alternative dazu bietet der Spallationsprozess, bei dem die Neutronen durch einen Beschleunigerstrahl erzeugt werden. Für eine moderne Großanlage dieser Bauart, die Europäische Spallationsquelle ESS, plädieren zur Zeit die Wissenschaftler der Neutronenforschung in Europa. Mit der Anlage ließen sich auch die Arbeitsmöglichkeiten der Quasielastischen Neutronenstreuung entscheidend verbessern. Nationale Planungen in den USA und in Japan haben sich ebenfalls den Bau einer modernen Spallationsquelle zum Ziel gemacht.

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

http://www.hmi.de/events/QENS2002/index_en.html

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