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Spezialpolymere lassen Anlagen zur Trinkwassergewinnung länger leben

September 2, 2002 by  

Mehr Wasser aus Meerwasser
Hahn auf, Wasser trinken, Hahn zu. Wasser strömt hierzulande scheinbar unbegrenzt und wie selbstverständlich aus der Leitung. Doch in den beliebten Urlaubszielen rund um das Mittelmeer – wie Spanien, Griechenland oder Tunesien – ist die Trinkwasserversorgung spätestens in den heißen Sommermonaten alles andere als garantiert. Abhilfe schaffen hier zunehmend Meerwasserentsalzungsanlagen. Wie in einem Wasserkocher wird darin das Meerwasser erhitzt und aus dem Dampf frisches Trinkwasser gewonnen. Dabei entstehen jedoch hartnäckige Ablagerungen, welche die Anlage in kurzer Zeit lahm legen und dann mühsam entfernt werden müssen. Hier ist das Know-how der BASF gefragt: So genannte Belagsverhinderer können diese Ablagerungen unterdrücken, die Effizienz der Anlagen erhöhen und ihre Lebensdauer verlängern.




In südlichen Urlaubsländern ist Trinkwasser ein knappes Gut

Sonne, Strand und weites Meer – da werden Urlaubsträume wahr. Doch stellen Sie sich vor, bei der Rückkehr ins Hotel heißt es: “Das Wasser ist knapp. Bitte Waschen und Duschen einschränken. Wir müssen warten, bis der nächste Tanklaster mit frischem Trinkwasser kommt.” Das kann in manch einer Urlaubsregion schon mal passieren. Längst reicht das Grundwasser nicht mehr aus, Menschen, Landwirtschaft und Industrie zu versorgen. Und der Löwenanteil – insgesamt etwa zwei Drittel des weltweit verfügbaren Wassers – wird allein in der Landwirtschaft für die Bewässerung verbraucht, in regenarmen Regionen sind es gar bis zu 90 Prozent. Bereits heute ist ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel von künstlicher Bewässerung abhängig, Tendenz steigend. Dabei verfügen die betroffenen Länder, sowohl die Mittelmeerländer als zum Beispiel auch die Staaten rund um den Persischen Golf, eigentlich über jede Menge Wasser – nämlich Meerwasser. Doch wegen des Salzgehalts kann dieses Meerwasser weder als Trinkwasser noch für die Landwirtschaft verwendet werden. Mit Hilfe riesiger Staudämme werden deshalb Flüsse zu Trinkwasserreservoiren aufgestaut. Wo das nicht möglich ist, wird zunehmend auch auf eine ganz andere Möglichkeit zurückgegriffen: die Meerwasserentsalzung. Allein in Italien sind mittlerweile 130 Meerwasserentsalzungsanlagen in Betrieb, in Spanien über 200. Weltweit sind es sogar mehr als 12.000 Anlagen, von denen ungefähr die Hälfte nach dem Verdampfungsprinzip, dem so genannten thermischen Verfahren, arbeiten. Insgesamt 26 Millionen Kubikmeter Trinkwasser produzieren sie am Tag. Fast ein Drittel dieser Menge entfällt auf die arabische Golfregion. Zum Trinken, für die Bewässerung der blühenden Felder und Gärten sowie für die Pools und Golfrasen sind hier 700 bis 1000 Liter Pro-Kopf-Wasserverbrauch am Tag keine Seltenheit. Zum Vergleich: In deutschen Haushalten sind es laut Bundesverband Gas- und Wasserwirtschaft 130 Liter pro Kopf, in Südkalifornien 3100 und in der Sahelzone nur 30 Liter.

Mit steigender Bevölkerungs- und auch Touristenzahl verschärft sich die Wasserknappheit. Hinzu kommt, dass durch defekte Bewässerungssysteme noch über die Hälfte des Wassers verloren geht. Die Bedeutung der Trinkwassergewinnung wächst. Doch das Entsalzen von Meerwasser verbraucht viel Energie. Die Entsalzungsanlagen noch effizienter zu machen, lautet deshalb eine der Aufgaben der Forschung. Das Verfahren selbst zu verbessern, ist einer der Ansatzpunkte, den auch die Forscher der BASF verfolgen. Zu diesem Zweck haben sie so genannte Belagsverhinderer entwickelt, die Ablagerungen unterdrücken und die Lebensdauer der Anlage verlängern.

In den thermischen Entsalzungsanlagen wird das Meerwasser erhitzt und aus dem Dampf frisches Trinkwasser gewonnen. Zurück bleibt eine salzhaltige Sole, die wieder ins Meer geleitet wird. Ähnlich wie bei einem Wasserkocher, der mit der Zeit verkalkt, bilden sich bei diesem Entsalzungsverfahren jedoch Kristalle, die sich in der Anlage festsetzen und den Wirkungsgrad drastisch herabsetzen. Alle zwei bis drei Monate muss die Anlage dann aufwendig gereinigt werden. “Die Belagsverhinderer dehnen diese Intervalle auf eineinhalb Jahre aus. Und wenn sich einmal ein Belag gebildet hat, dann ist höchstens ein dünner, weicher Niederschlag entstanden, der sich leicht bei laufendem Betrieb entfernen lässt. Damit erhöht sich die Betriebsdauer der Anlagen”, erklärt Karl-Heinz Büchner, der bei der BASF im Unternehmensbereich Veredlungschemikalien für die Entwicklung dieser Produkte zuständig ist und den Kunden technische Unterstützung gibt.

Dem Kalk geht es an die Substanz

Es passiert, kurz bevor das Wasser kocht: Die im Wasser gelösten Salze fallen als Karbonat und Hydroxid aus. Es bildet sich der gefürchtete Kalkbelag – eindrücklich zu sehen am Tauchsieder oder an den Heizstäben der Waschmaschine. In einer thermischen Meerwasserentsalzungsanlage ist das nicht anders. Das Meerwasser wird erhitzt und aus dem Wasserdampf Trinkwasser gewonnen. Zurück bleibt eine salzhaltige Sole, die in das Meer zurückgeleitet wird. Nur die Belagsverhinderer können die harte Kruste aus Kalk unterdrücken, die sich dabei über die Verdampfer legt. Neben diesem thermischen Verfahren zur Trinkwassergewinnung gibt es noch einen zweiten Typ. Das Meerwasser wird dabei mit Hilfe einer selektiv durchlässigen Membran entsalzt. Doch auch dieses so genannte Umkehr-Osmose-Verfahren hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.

Die Belagsverhinderer bestehen aus langkettigen Polymeren mit einem negativ geladenen Molekülstrang. BASF-Forscher haben jetzt herausgefunden, wie sie genau funktionieren: “Sie umlagern die winzigen Kristallisationskeime und verhindern dadurch, dass die Kristalle weiter anwachsen oder sich festsetzen”, erklärt Dr. Jens Rieger, Fachgebietsleiter in der Polymerphysik der BASF. Auf der Suche nach weiteren derartig begabten Polymeren setzen die Forscher auf spezielle Untersuchungsmethoden, mit denen sichtbar gemacht wird, wie sich die nur ein hunderttausendstel Millimeter großen Polymere auf den Salzkeimen festsetzen. Interessanterweise geschieht dies für verschiedene Polymere auf unterschiedliche Weise. “Mit Hilfe dieser Erkenntnisse können wir noch wirksamere Produkte maßschneidern und einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung von Meerwasserentsalzungsanlagen leisten – und dadurch zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung auch in Zukunft beitragen”, so Büchner.

Wachsender Bedarf – Effizientere Verfahren und intelligente Chemie

“Im 20. Jahrhundert wurden Kriege um Öl geführt – bei den Kriegen des 21. Jahrhunderts wird es um Wasser gehen.” So lautet die Einschätzung von Ismael Serageldin, dem langjährigen Vizechef der Weltbank. Mit der steigenden Weltbevölkerung wird Trinkwasser zu einem knappen Gut. Schon heute leben laut der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung 510 Millionen Menschen, das sind rund sechs Prozent der Menschheit, mit Wasserknappheit. In 50 Jahren werden es der Stiftung zufolge 42 Prozent sein. Wasser wird zur umkämpften Ressource in diesem Jahrhundert. Staudämme und die Aufbereitung von Brauchwasser sind wichtige Hilfsmaßnahmen. Der Bedarf an Meerwasserent-salzungsanlagen wird weiter steigen. Damit das Verfahren noch besser läuft, spielt es eine entscheidende Rolle, die Belagsbildung zu verstehen und zu verhindern. Die BASF gehört zu den drei größten Anbietern von Belagsverhinderern. Der Markt ist groß und wächst überproportional. Die vorhandenen 6000 thermischen Anlagen weltweit werden nicht ausreichen. Die Forscher der BASF sind mit speziell entwickelten Mikroskopie-Methoden verbesserten Polymeren auf der Spur – und sind inzwischen wichtige Ansprechpartner, wenn es darum geht, die Vorgänge in einer Meerwasserentsalzungsanlage zu erklären

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