Infrarotantenne als ”Nano-Lupe”
Max-Planck-Forscher benutzen neues Mikroskop, um Kristallschwingungen
im Nanometerbereich sichtbar zu machen In einem kürzlich entwickelten
Nahfeldmikroskop haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biochemie
in Martinsried erstmals Kristallschwingungen mit nanometrischer Ortsauflösung
sichtbar gemacht (Nature, 11. Juli 2002). Mit Hilfe von Infrarotlaserstrahlen
konnten sie die Resonanz der Kristallschwingung, die so genannte Phonon-Resonanz,
aufzeichnen. Die neue Technik macht kleinste Kristallveränderungen und
-verunreinigungen im Bereich von nur einem Hunderttausendstel Millimeter
sichtbar und eröffnet neue Möglichkeiten für die Erforschung von Materialien
und biologischen Mineralien wie Zähnen und Knochen. Sogar technische Innovationen
etwa für die Datenspeicherung sind möglich und wurden bereits zum Patent
angemeldet.
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Abb.: Ein in Gold (Au) eingebetteter Siliziumkarbid-Kristalls
(SiC) unter dem Nahfeldmikroskop. a: Schematische Darstellung der Abtastspitze
und des auf die Probe gerichteten Laserstrahls. Die Pfeile verdeutlichen
das genau auf die Abtastspitze gerichtete Infrarotlicht und den Reflex,
der durch die Resonanz der Schwingungen des Kristallgitters verstärkt
wird. b: Topographisches Abbild einer Gold-Siliziumkarbid-Probe. c: Infrarotbilder
außerhalb und innerhalb der Resonanz (die Farbskala gibt die Signalamplitude
wieder): Die Phonon-Resonanz des Siliziumkarbid-Kristalls tritt bei einer
Wellenlänge von 10,8 Mikrometer auf und zeigt sich als stark erhöhte Helligkeit
gegenüber dem umgebenden Gold. Bei 10,2 Mikrometer kehrt sich der Kontrast
genau um und
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Wie bereits vor drei Jahren kombinieren die Wissenschaftler auch in
ihrem neuesten Mikroskop die Abtastnadel des Rastersondenmikroskops
mit den Infrarotstrahlen von Lasern. Die Nadel wirkt für das eingestrahlte
Infrarotlicht wie eine Antenne, die das Licht an ihrer Spitze stark
bündelt. Die Resonanz der Schwingungen zeigt sich im reflektierten Infrarotlicht,
das von einem Detektor aufgefangen wird (s. Abbildung). Trifft der Laserstrahl
die Frequenz der Kristallschwingung, wird die Lichtkonzentration extrem
verstärkt. Die neu entwickelte Nahfeldtechnik, gleichsam eine “Nano-Lupe”,
bündelt das Licht 300 mal schärfer als die beste Fokussierlinse. Diese
gesteigerte Lichtintensität ermöglicht nun, in Kristallen kleinste Veränderungen
bei einer Auflösung von nur einem Hunderttausendstel Millimeter (10
Nanometer) sichtbar zu machen. Zum Vergleich: Ein herkömmliches Lichtmikroskop
kann Strukturen bis zu einem Tausendstel Millimeter sichtbar machen.
Das neue Mikroskop aus Martinsried kann man deshalb auch als optisches
“Nanoskop” bezeichnen. Die Physiker am Max-Planck-Institut für Biochemie
berechneten, dass die entscheidende Wellenlänge für die Wechselwirkung
von Siliziumkarbid-Kristallen mit dem Laser bei 10,8 Mikrometer Wellenlänge
liegen müsste. Als sie ihre Abtastantenne in einem Abstand von weniger
als 30 Nanometern an den Kristall heranführten, stellten sie begeistert
fest, dass sich die Infrarotfarbe (also das Infrarotspektrum) des Kristalls
in diesen nanoskopisch kleinen Dimensionen völlig veränderte. Während
der Kristall bei Infrarotbeleuchtung normalerweise metallisch glänzt,
leuchtet er im Nano-Zoom hell und “farbig” auf. Im Infrarotbild bei
10,8 Mikrometer Wellenlänge zeigt sich diese Resonanz dadurch, dass
der Siliziumkarbid-Kristall im Vergleich zu Gold etwa 200 Mal heller
aufleuchtet. Mit ihrem Experiment hat die Arbeitsgruppe unter Leitung
von Fritz Keilmann erstmals den praktischen Beweis für die Phonon-Resonanz
geliefert, die die Wissenschaftler in ihrer aktuellen Publikation “Phonon-verstärkte
Nahfeldwechselwirkung” nennen. Als sie ihre Berechnungen mit bisherigen
Veröffentlichungen zu diesem Thema verglichen, stellten sie fest, dass
die Phonon-Resonanz bereits vor neunzehn Jahren von den Wissenschaftlern
Aravind und Metiu (University of California, Santa Barbara, USA) vorhergesagt
worden war. Mit ihrer Entdeckung haben die Martinsrieder Physiker die
Grundlage für infrarot-optische Technologien gelegt, die gegenüber den
auf “Plasmonen” (kollektive Schwingungen der Elektronen) beruhenden
optischen Nanotechnologien über höhere Lichtintensitäten und schärfere
Resonanzen verfügen. Die extreme Frequenzschärfe der Resonanz (<1%)
bedeutet für die Technik einen großen Forschritt: Schon kleinste Veränderungen
in einem Kristall - sei es durch Verzerrung oder Verschmutzung - verstimmen
die Resonanz und werden mit dem neuen "Nanoskop" leicht erkannt. Dies
eröffnet interessante Aussichten für die Materialwissenschaften und
die Mineralogie: Während man bisher nur wenig aussagekräftige breite
Infrarotspektren zur Verfügung hatte, sollte man im Nahfeld-Infrarotmikroskop
bei 10 Nanometer Auflösung einzelne Komponenten von Mischkristallen,
z. B. in Ölschiefer und Meteoriten, deutlich unterscheiden können. Weitere
Anwendungen zeichnen sich bei der Untersuchung von Kristallwachstum
und Kristalldegeneration in biologischen Mineralien ab, wie z.B. in
Zähnen oder Knochen (Osteoporose). Zudem bietet die Kombination der
Phonon-Resonanz mit der Nahfeldmikroskopie auch neue Möglichkeiten für
die Datenspeicherung: Im Vergleich zu konventionellen optischen Leseverfahren
(CD-ROM, MO, DVD) können Daten mit hundert Mal größerer Speicherdichte
optisch ausgelesen werden. Insgesamt gibt die erstmalige experimentelle
Bestätigung der Phonon-Resonanz dem gesamten Bereich der Optik, Photonik
und Mikroskopie eine neue Richtung: Jetzt lohnt es sich, auch die Infrarotstrahlung
im mittleren Infrarot (3-30 Mikrometer Wellenlänge) zu verwenden, zusätzlich
zum sichtbaren Bereich (400 - 700 Nanometer Wellenlänge) und zum Nah-Infrarot
in der Telekommunikation (1,5 Mikrometer Wellenlänge). Die derzeit stürmisch
verlaufende Entwicklung winziger Halbleiterlaser (Quantenkaskadenlaser)
kommt den Martinsrieder Mikroskop-Entwicklern dabei sehr entgegen. Sie
benötigen in Zukunft neue Halbleiterlaser für die Weiterentwicklung
ihres Nahfeldmikroskops, um künftig auch aus biologischen Bausteinen
erzeugte Kristalle untersuchen zu können. Originalpublikation: R. Hillenbrand,
T. Taubner, F. Keilmann, Phonon-enhanced light-matter interaction at
the nanometerscale, Nature 418, 159-162, (2002)
Weitere Infos bei Max Planck Instituten.
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Die Faszination der Menschen für Kristalle rührt daher, dass sie im Licht glänzen, dieses also reflektieren. Weit außerhalb der sichtbaren Wellenlängen des Spektrums (400 bis 700 Nanometer; 1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter), im Infrarotlicht, reflektieren viele Kristalle das Infrarotlicht sogar wie ein metallischer Spiegel zu 100 Prozent. Das liegt daran, dass die Atome in ihrem Kristallgitter ständig gegeneinander schwingen, und deshalb das infrarote Licht nicht in den Kristall eindringen kann. In der Theorie hatte man schon lange die Möglichkeit eines resonanzhaften Zusammenspiels dieser Schwingungen mit Infrarotstrahlung vorausgesagt, es war bislang aber nicht möglich, dieses wirklich sichtbar zu machen. Der Durchbruch ist jetzt dem Forscherteam Rainer Hillenbrand, Thomas Taubner und Fritz Keilmann in der Abteilung “Molekulare Strukturbiologie” des Max-Planck-Instituts für Biochemie gelungen.
Die Martinsrieder Wissenschaftler beleuchteten einen Siliziumkarbid-Kristall mit Infrarotlicht mit einer Wellenlänge zwischen 8 und 12 Mikrometer ( 1 Mikrometer = 1000 Nanometer) und betrachteten ihn dabei in ihrem so genannten “Nahfeldmikroskop”. Bereits 1999 hatten sie mit ihrem chemischen Mikroskop für die Nanotechnik für Schlagzeilen gesorgt (vgl. Nature 399 (1999), Physics Today 7/1999, “Chemisches Mikroskop für die Nanotechnik” PRI C5/99 (14)). Damals hatten sie die Technik des herkömmlichen Rastersondenmikroskops mit Infrarotbeleuchtung ergänzt und bewiesen, dass sie hundert Mal feinere Details als das Lehrbuch erlaubt erkennen können, nämlich 1/100 der Wellenlänge. Die Infrarottechnik erlaubt es, erstmals die chemische Zusammensetzung auf nanometrischer Skala abzubilden. Beim Rastersondenmikroskop wird eine gerade einmal 20 Nanometer breite Abtastnadel in minimalem Abstand rasterartig über eine Kristalloberfläche bewegt. Auf diese Weise werden die Höhen und Tiefen der Oberfläche aufgezeichnet und im Computer zu einem dreidimensionalen Oberflächenrelief des Kristalls zusammengesetzt.
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