Frank Würthner: Ein Chemiker als Farbstoff-Architekt
January 22, 2003 by admin
Der Lehrstuhl für Organische Chemie II an der Uni Würzburg ist seit Oktober 2002 mit Frank Würthner besetzt. Das Spezialgebiet des 38-jährigen Professors: Er zwingt Farbstoff-Moleküle dazu, sich in ganz bestimmter Art und Weise aneinander zu lagern. Diese Arbeit hat bereits neue Materialien hervorgebracht, deren Einsatz in Transistoren oder Solarzellen zurzeit geprüft wird.
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Synthetische Farbstoffe dienen in der Regel lediglich dazu, unsere Welt “bunter” zu machen. Dagegen kommt den natürlichen Farbstoffen meist eine lebensnotwendige Funktion zu: Die Blattfarbstoffe der Pflanzen zum Beispiel sorgen bei der Photosynthese für die Umwandlung von Sonnenenergie in chemische Energie. Das funktioniert nur dann, wenn sich viele verschiedene Farbstoffmoleküle auf hoch komplizierte Weise zu größeren Gebilden anordnen.
Motiviert durch dieses faszinierende Beispiel aus der Natur versuchen sich die Chemiker im Arbeitskreis von Prof. Würthner als Architekten: Aus synthetischen Farbstoffen errichten sie exakt geplante “Gebäude”, und zwar mit Hilfe der neuen Methodik der Supramolekularen Chemie – dabei lagern sich einfache Moleküle in so genannten Selbstorganisationsprozessen aneinander. Um im Bild zu bleiben: Es sind für ein solches Gebäude keine Maurer nötig, weil sich die Steine von alleine auftürmen. Die Eigenschaften dieser “Bauten” werden dann in Kooperation mit Physikochemikern und Physikern charakterisiert und in ihrer Funktionalität mit den natürlichen Beispielen verglichen.
Dabei hat die Gruppe von Prof. Würthner neue Anwendungen für die Elektronik und Photonik in greifbare Nähe gerückt: Farbmittel aus der Familie der Perylen-Pigmente – diese werden industriell in Autolacken eingesetzt – lassen sich chemisch derart verändern, dass sie flüssigkristallin werden. Dabei entstehen Aggregate, die als “supramolekulare Drähte” fungieren, entlang derer hohe elektrische Leitfähigkeiten gemessen wurden. Ihr Einsatz in Transistoren und Solarzellen wird gegenwärtig untersucht.
In der Lehre hat sich Frank Würthner während seiner Zeit als Privatdozent in Ulm besonders beim Aufbau und der Weiterentwicklung interdisziplinärer und internationaler Promotionsprogramme engagiert. Hierzu gehörten ein Sonderforschungsbereich und ein Graduiertenkolleg der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie eine “Marie-Curie Training Site” der Europäischen Union. In all diesen Einrichtungen bearbeiten Chemiker und Physiker gemeinsame Forschungsthemen.
Würthner, 1964 in Villingen-Schwenningen geboren, studierte ab 1984 Chemie an der Uni Stuttgart. Dort promovierte er im Rahmen eines Sonderforschungsbereiches, dem damals auch die heutigen Würzburger Physik-Professoren Eberhard Umbach und Alfred Forchel angehörten. Nach der Promotion ging er Anfang 1994 mit einem Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung in die USA, wo er am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge forschte.
Nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete Würthner 1995 und 1996 im Farbenlaboratorium der BASF AG in Ludwigshafen. Ab 1997 war er in der Abteilung Organische Chemie II der Uni Ulm tätig. Dort habilitierte er sich, gefördert von Stipendien des Fonds der Chemischen Industrie, des Bundesforschungsministeriums und der DFG.
Bislang hat Prof. Würthner 50 Publikationen verfasst und ist Inhaber von acht Patenten. Seine Arbeit wurde mit dem Otto Röhm-Gedächtnispreis (2000) und dem Arnold-Sommerfeld-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (2002) ausgezeichnet. Er kooperiert mit mehr als 20 Gruppen im In- und Ausland. An der Uni Würzburg hat er die Nachfolge von Waldemar Adam angetreten.
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