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Chemischer Trick gibt neue Einblicke in die Logistik der Zelle

October 27, 2003 by  

Max-Planck-Wissenschaftlern entschlüsseln mit Hilfe halbsynthetischer Proteine, wie Zellen Rab-Transportproteine “recycelt”


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Zellen von Pflanzen, Tieren und Menschen beherbergen eine Vielzahl abgeschlossener Räume (Kompartimente) bzw. Organellen, zwischen denen permanent ein hohes “Verkehrsaufkommen” zu bewältigen ist. Eine wichtige Gruppe unter den “Verkehrslotsen” in diesen Zellen sind die so genannten Rab/Ypt-Guanosin-Triphosphatasen (GTPasen), deren Funktion durch ein spezielles Inhibitor-Protein (RabGDI) gesteuert wird. Doch wie diese Verkehrsregelung und -sortierung in der Zelle im Detail funktioniert, war bisher nicht bekannt, da die Aufklärung der atomaren Struktur der beteiligten Proteine an technischen Problemen scheiterte. Jetzt ist es Wissenschaftlern des Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund dank einer trickreichen Kombination aus chemischer Synthese und Protein-Engineering gelungen, den dabei entstehenden Proteinkomplex (Ypt1:RabGDI) “in Aktion” herzustellen, zu kristallisieren und seine atomare Struktur mit einer Auflösung von 1,5 Angstrom zu bestimmen. Dank der nun vorliegenden Struktur ist auch klar, warum eine Mutante des Inhibitor-Proteins zu einer Form von geistiger Retardierung beim Menschen führt (Science, 24. Oktober 2003).

Die Zellen von Eukaryonten (Tiere, Pflanzen, u.a.)unterscheiden sich von Prokaryonten (Bakterien, Blaualgen und Mykoplasmen) unter anderem dadurch, dass sie in ihrem Inneren weitere, durch eine Membranhülle vom übrigen Zellraum abgegrenzte Kompartimente, wie z.B. einen Zellkern oder ein Mitochondrium, besitzen. Der Stoffaustausch zwischen diesen Kompartimenten erfolgt sehr gerichtet und koordiniert über den mehrstufigen Transport in Vesikeln. Eine wichtige Untergruppe jener Proteine, die zu diesem Transportsystem gehören, sind die GTP-bindenden Rab-Proteine (in Hefe: Ypt-Proteine), die in fast allen Kompartimenten einer Zelle zu finden sind. Diese Rab-Proteine können sich dank ihrer Modifizierung durch sogenannte Isoprenoidlipidreste (Geranylgeranylgruppen) mit den Membranen in der Zelle verbinden und auch wieder davon lösen.

Ein zentraler Regulator der GTP-bindenden Rab-Proteine (Rab/Ypt-GTPasen) ist RabGDI (GDI = GDP dissociation inhibitor). Er steuert die Verteilung der aktiven GTP- and der inaktiven GDP-bindenden Proteinformen zwischen den Membranen und dem Zytosol: Nur geranylgeranylierte, GDP-enthaltende Rab-Proteine können durch GDI an die Membranen geliefert bzw. von den Membranen wieder extrahiert werden. In der Hefe ist GDI ein essentielles Protein: Fehlt es, stirbt die Zelle. Beim Menschen führt eine bestimmte Mutation im alpha-RabGDI-Gen, die so genannte I92P-Mutante, bei der an Position 92 Isoleucin gegen Prolin vertauscht ist, zu einer Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit, der so genannten nicht-syndromischen geistigen Retardierung.

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